Burgau ist nun universitärer Medizinstandort
Das Universitätsklinikum Augsburg (UKA) und das Therapiezentrum Burgau (TZB) arbeiten im Bereich der Krankenversorgung seit vielen Jahren eng zusammen. Etwa 40 Prozent der Patientinnen und Patienten, die in der Fachklinik für Neurologische Rehabilitation behandelt werden, kommen aus dem UKA. Künftig wird die Kooperation zwischen beiden Häusern sowie der Universität Augsburg noch enger. Die Zusammenarbeit wird auf die an der Medizinischen Fakultät der Uni angesiedelten Bereiche Forschung und Lehre ausgedehnt. Dazu wurde der Stiftungslehrstuhl für Neurorehabilitation ins Leben gerufen, was eine Seltenheit in Deutschland darstellt. Mit Prof. Andreas Bender, Chefarzt des TZB, ist ein Experte auf diesem Gebiet an die Medizinische Fakultät der Uni Augsburg berufen worden. Zum 1. Juni 2024 startete er. Finanziert wird die W3-Professur inklusive Ausstattung aus Stiftungsmitteln und Mitteln des TZB. Räumlich wird der Lehrstuhl im Therapiezentrum Burgau angesiedelt.
Eine hochkarätig besetzte Runde stellte vor kurzem in Burgau Medienvertretern die Beweggründe, Ziele und Auswirkungen vor. Erstmals dabei waren auch die Förderer und Stifter. Prof. Frank Kramer, Vizepräsident der Universität Augsburg, Prof. Martina Kadmon, Dekanin der Medizinischen Fakultät, Prof. Klaus Markstaller, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Augsburg, und Prof. Alkomiet Hasan, Ärztlicher Direktor Bezirkskrankenhaus Augsburg und Vorstand Krankenversorgung Bezirkskliniken Schwaben, lobten die Kooperation und freuen sich auf neue Impulse bei Forschung und Lehre. Zukünftige Forschungsschwerpunkte erstreckten sich über die Entwicklung von Prognosefaktoren für Komapatienten durch die Erhebung von klinischen Daten. Ein Hauptaugenmerk liege zudem auf der Weiterentwicklung der Robotik in der Rehabilitation sowie auf innovativen Projekten für die Langzeitpflege von Menschen in der außerklinischen Intensivpflege.
Das Therapiezentrum Burgau wurde vor 35 Jahren von Max Schuster gegründet. Der Neusässer Unternehmer war Ideengeber, Antreiber und vor allem auch der Pionier für jene Therapieformen, die inzwischen bundesweit zur Anwendung kommen. „Damals gab es für unser Patientenklientel noch keine Versorgung“, blickte Geschäftsführer Stefan Graf zurück. Man startete im ehemaligen Krankenhaus der Markgrafenstadt mit 20 Betten. Heute betreibt das TZB 137 Betten, eine hochmoderne Intensivstation und hat sich mit Hingabe der neurologischen Rehabilitation verschrieben. Seit 1. Januar 2018 gehört es zum Gesundheitsunternehmen Bezirkskliniken Schwaben. „Unsere Arbeit geht über den stationären Bereich hinaus“, berichtete Graf und nannte exemplarisch das Medizinische Zentrum für erwachsene Menschen mit Behinderung (MZEB) Schwaben. Neu ist auch die Koma-Unit als Einheit für Patienten im Wachkoma. Am TZB arbeiten inzwischen 570 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Das TZB hat noch viel vor. Wir sehen die Chance, weiterhin Pionierarbeit zu leisten und fühlen uns in besonderer Weise verpflichtet, das Gebiet der Neurorehabilitation in der klinischen Praxis, aber auch wissenschaftlich weiterzuentwickeln“, stellte der Geschäftsführer fest.
Wie Chefarzt und Lehrstuhlinhaber Prof. Bender erläuterte, können neurologische Erkrankungen wie Aneurysmen oder Schlaganfälle, aber auch Unfallfolgen, das Gehirn schwer schädigen. Die Neurorehabilitation unterstützt die besondere Fähigkeit des Nervensystems, sich nach solchen Schädigungen zu reorganisieren und seine Funktionen anzupassen. Ziel ist dabei die möglichst umfassende Beseitigung körperlicher Beeinträchtigung und die Verbesserung der Teilhabemöglichkeit von Menschen mit Behinderung an der Gesellschaft. Durch den demografischen Wandel und den damit einhergehenden steigenden Fallzahlen gewinnt die Neurorehabilitation an Bedeutung. „Während Schlaganfallpatienten in Akutkliniken im Schnitt etwa sechs Tage bleiben, sind sie bei uns sechs bis acht Wochen – mindestens“, so Bender. Die Arbeit in der Burgauer Fachklinik habe entscheidenden Einfluss auf den Gesundungsverlauf der Betroffenen.
Der Zeitpunkt für den neuen Lehrstuhl komme gerade richtig. „Das UKA befindet sich gerade in einem Transformationsprozess“, sagte Prof. Markstaller. Während die Grund- und Regelversorgung reduziert werde, werde die universitäre Spitzenmedizin zu gleichen Teilen ausgebaut. Dabei sei das UKA auf Kooperationspartner angewiesen. „Dabei spielt Burgau eine große Rolle“, so der Ärztliche Direktor der Uniklinik. Das UKA verfüge über eine der größten Kliniken für Neurologie, wo viele Schlaganfälle behandelt werden, und über die größte Unfallchirurgie in Deutschland. „Wir sind bemüht, den Neubau des UKA möglichst nahe an die Fakultät zu bekommen. Und wir werden versuchen, die Neurorehabilitation besser zu etablieren“, blickte der Ärztliche Direktor voraus.
Erstmals öffentlich in Erscheinung traten die Stifter und Förderer des Lehrstuhls. So haben die Firma Reck-Technik aus Betzenweiler im baden-württembergischen Landkreis Biberach, die Firma Robatherm (Burgau/Jettingen-Scheppach) sowie die Firma Fey Lamellenringe GmbH mit Sitz in Königsbrunn (Kreis Augsburg) hohe Geldsummen zur Verfügung gestellt. Sowohl Graf als auch Prof. Bender brachten die Hoffnung zum Ausdruck, dass noch mehr Spender und Förderer aktiv werden, um die Arbeit des Lehrstuhls zu unterstützen.